HYPERMADE CULTURE MAGAZINE

BÜCHER
Glanz zwischen Sein und Schein

Modeschmuck als kulturelle Dynamik und codiertes Bild der Moderne
G
Costume Jewelry – Angled Product View
Costume Jewelry – Interior Spread
Costume Jewelry – Crown & Dancer Spread
Costume Jewelry – Ocean Motif Spread
Costume Jewelry – Audrey Hepburn Spread
Costume Jewelry – Animal Motif Spread
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Mit großer bildlicher Kraft inszeniert „Costume Jewelry” die Geschichte des amerikanischen Modeschmucks. Zugleich werden die Ideen von Freiheit, Stil und sozialem Aufstieg sichtbar. Besonders interessant ist das, was in den Bildern angedeutet, aber nicht ausgesprochen wird.

Ästhetik als Erzählstruktur

Der großformatige Band versammelt eine bedeutende Privatsammlung amerikanischen Modeschmucks und verleiht diesem kommerziell geprägten Phänomen einen kunsthistorischen Rahmen. Text und Bildführung spannen einen Bogen von den 1920er-Jahren bis in die Nachkriegszeit. Dabei wird die Ordnung stärker ästhetisiert als problematisiert. Schmuck erscheint darin vor allem als Instrument weiblicher Selbstgestaltung, während ökonomische und soziale Abhängigkeiten eher im Hintergrund bleiben. So entsteht eine kuratierte Geschichtsschreibung, die klare Linien zieht und manche strukturellen Brüche nur am Rande sichtbar macht.

Innenseite aus „Costume Jewelry“ mit einer kunstvollen Statement-Halskette.
© Taschen Verlag
Innenseite aus „Costume Jewelry“ mit einer kunstvollen Statement-Halskette.
© Taschen Verlag

Rhetorik der Öffnung

Die Texte verwenden eine Sprache, die Modernisierung betont: neue Rollenbilder und neue Materialien als Zeichen wachsender gesellschaftlicher Teilhabe. Diese Perspektive wirkt überzeugend, da die Objekte in einen historischen Kontext eingebettet werden. Gleichzeitig bleibt sie eng an der Leitidee der „ästhetischen Demokratisierung“ orientiert. Diese Vorstellung ist einleuchtend, verdeckt jedoch, dass Zugänglichkeit im 20. Jahrhundert vor allem über die Erscheinung und nicht über die realen Lebensverhältnisse hergestellt wurde. Der Band setzt auf Optimismus – und das mit Stil. Die Ambivalenzen dieses Optimismus treten jedoch nur punktuell in Erscheinung.

Innenseite aus „Costume Jewelry“ mit einer Tänzerbrosche
und einer Auswahl kunstvoller kronenförmiger Stücke.
 © Taschen Verlag
Innenseite aus „Costume Jewelry“ mit einer Tänzerbrosche
und einer Auswahl kunstvoller kronenförmiger Stücke.

© Taschen Verlag

Stille Räume im Erzählraum

Auffällig sind die Aspekte, die nur gestreift werden. Dazu zählen
beispielsweise die Produktionsbedingungen, wirtschaftliche Zwänge oder
kulturelle Spannungen, die viele Entwürfe geprägt haben. Die Verwendung
globaler Motive – von indischen Ornamenten bis zu vermeintlich
„exotischen” Formen – ist in der Bildsprache des Buches
selbstverständlich. Ihre historischen Kontexte werden jedoch nur
skizziert. Dies schmälert nicht die Faszination der Objekte, macht
jedoch deutlich, dass die ästhetische Wirkung klar priorisiert wird.
Diese Schwerpunktsetzung ist zwar nachvollziehbar, verweist jedoch auf
eine Perspektive, die Ästhetik deutlicher gewichtet als historische
Komplexität.

Innenseite aus „Costume Jewelry” mit einer skulpturalen Brosche mit grünem Edelstein 
und einer korallenfarbenen Tintenfischbrosche. 
© Taschen Verlag
Innenseite aus „Costume Jewelry” mit einer skulpturalen Brosche mit grünem Edelstein
und einer korallenfarbenen Tintenfischbrosche.

© Taschen Verlag

Gegenwart im Rückspiegel

Gerade in dieser kuratierten Klarheit liegt ein Reiz: Die Publikation zeigt eine Epoche, die an das Versprechen glaubte, dass Stil soziale Grenzen verschieben könne – eine bis heute nachwirkende Vorstellung. Die Freude an künstlichen Materialien, die Mischung aus Zitat und Erfindung sowie die Idee von Individualität durch Accessoires verweisen auf Muster, die im 21. Jahrhundert erneut sichtbar werden. Als ästhetisches Dokument ist der Band markant, und als historische Erzählung öffnet die Veröffentlichung Räume, die zur weiteren Befragung einladen – genau darin liegt ihre Wirkung.

Lesetipp

Costume Jewelry. TASCHEN, 2025, 528 Seiten, 100 EUR.

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