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Lazar Berman – Der letzte Titan der russischen Klavierschule

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Lazar Berman war einer der größten Pianisten des 20. Jahrhunderts, der jedoch lange Zeit im Schatten des sowjetischen Regimes stand. Erst in den 1970er Jahren konnte er seine außergewöhnliche Kunst dem Westen zeigen, die ihn als einen der letzten Vertreter der legendären russischen Klavierschule anerkannte.

Lazar Berman wurde am 26. Februar 1930 in Leningrad geboren. Seine Mutter war eine Pianistin. Er begann mit zwei Jahren Klavier zu spielen und zeigte bald ein außergewöhnliches Talent. Mit vier Jahren wurde er in die Zentrale Musikschule für besonders Begabte aufgenommen, wo er bei Samari Savshinsky studierte. Mit sieben Jahren gab er sein erstes öffentliches Konzert.

Berman setzte seine Ausbildung am Moskauer Konservatorium fort, wo er bei Alexander Goldenweiser studierte. Er gewann mehrere Preise bei internationalen Wettbewerben, darunter den dritten Preis beim Internationalen Franz-Liszt-Wettbewerb in Budapest 1956. Er entwickelte einen virtuosen und kraftvollen Klavierstil, der von seiner großen Spannweite, seinem präzisen Anschlag und seinem reichen Klangspektrum geprägt war. Er beherrschte ein breites Repertoire, das von Bach bis zu zeitgenössischen Komponisten reichte, wobei er sich besonders für die Werke von Liszt, Schumann, Chopin, Rachmaninow und Prokofjew interessierte.

Berman war jedoch nicht nur ein brillanter Techniker, sondern auch ein tiefsinniger Interpret, der die musikalische Struktur und den emotionalen Gehalt jedes Werkes erforschte. Er hatte eine starke Persönlichkeit und einen eigenständigen künstlerischen Ausdruck, der sich nicht an Moden oder Trends anpasste. Er war auch ein leidenschaftlicher Lehrer, der viele Schüler an verschiedenen Institutionen unterrichtete, wie z.B. der Accademia Pianistica in Imola, Italien.

Trotz seiner herausragenden Fähigkeiten litt Berman unter den politischen Einschränkungen des sowjetischen Systems, das seine internationale Karriere behinderte. Er durfte nur selten ins Ausland reisen und wurde oft von den Behörden schikaniert oder ignoriert. Er musste sich mit schlechten Instrumenten und mangelhaften Aufnahmebedingungen abfinden.

Das änderte sich erst in den 1970er Jahren, als Berman endlich die Erlaubnis erhielt, regelmäßig im Ausland aufzutreten. Er trat in Europa und Japan auf und wurde als einer der größten lebenden Pianisten gefeiert. Er nahm mehrere Alben für verschiedene Labels auf, darunter Deutsche Grammophon, Philips und Melodiya. Seine Aufnahmen zeugen von seiner außergewöhnlichen Kunstfertigkeit und seinem musikalischen Einfühlungsvermögen.

Berman starb am 6. Januar 2005 in Florenz im Alter von 74 Jahren an einem Herzinfarkt. Er hinterließ ein reiches musikalisches Erbe, das von vielen Bewunderern geschätzt wird. Er gilt als einer der letzten Titanen der russischen Klavierschule, die solche Meister wie Horowitz, Richter und Gilels hervorbrachte. Seine Interpretationen sind ein Zeugnis für seine unvergleichliche Virtuosität und seinen tiefen künstlerischen Geist.

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