NFTs sind längst mehr als nur digitale Sammelobjekte, sie sind ein Symptom unserer Zeit. On NFTs fragt, was geschieht, wenn Kunst, Technologie und Markt dieselbe Sprache sprechen – und was dabei vom Begriff des Originals übrig bleibt.
Zwischen Vision und Datei
Kaum ein Buch hat den Dialog zwischen Kunst und Technologie so präzise und zugleich so offen erfasst wie dieses Werk. „On NFTs” ist kein geschlossenes Narrativ, sondern ein vielstimmiges Archiv, in dem Essays, Interviews und Porträts Theorie, Markt und Ästhetik miteinander verschränken. Das Buch begreift NFT-Kunst nicht als Stilrichtung, sondern als Symptom einer Epoche, in der die Digitalisierung Autorschaft, Besitz und Wert neu verhandelt werden. Die Befreiung von materiellen Grenzen mündete letztlich in eine algorithmische Ordnung – und damit in neue, subtilere Formen der Abhängigkeit.

einem der Pioniere der Blockchain-basierten Kunst.
© Taschen Verlag
Die Grammatik des Fortschritts
Alices Kompendium zeigt, wie stark der Glaube an technische Erlösung die Kunstdebatte des 21. Jahrhunderts geprägt hat – und wie lebendig er bis heute ist. Begriffe wie Dezentralität, Transparenz und Kreativität erscheinen dabei wie die moralischen Vokabeln einer Generation, die Fortschritt mit Freiheit gleichsetzte. Die Beiträge – von Beeple bis Refik Anadol – zeigen jedoch auch, dass jede Innovation ihren Preis hat. Mit neuer Autonomie wächst auch die Abhängigkeit von Plattformen und Märkten. NFTs bewegen sich in dieser Spannung: Sie glauben an das Potenzial des Digitalen, ohne seine Risiken zu verschweigen – kritisch, aber neugierig.

die die Grenze zwischen Code und Fantasie verwischen.
© Taschen Verlag
Kunst, Code und Kontrolle
„On NFTs” spricht stärker durch seine visuelle Struktur als durch seine Texte. Das Buch arrangiert Screenshots, Benutzeroberflächen und Kunstwerke zu einem ästhetischen Archiv der digitalen Gegenwart. Zwischen Hyperglanz und technischer Nüchternheit entsteht ein Bild der Kunst im Datenzeitalter: kühl, kontrolliert und doch von obsessiver Präzision geprägt. Die Gestaltung folgt der Logik des Codes – modular, wiederholbar, beinahe algorithmisch – und macht deutlich, wie sehr sich auch das Sehen selbst digitalisiert hat. „On NFTs” wird so weniger zu einer Sammlung über Kunst, sondern zu einem Statement über Wahrnehmung im Zeitalter ihrer technischen Bedingtheit.

farbbasierten Kompositionen, die Bewegung und Wahrnehmung in der digitalen Kunst erforschen.
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Zwischen Euphorie und Erinnerung
TASCHEN veröffentlichte „On NFTs” zunächst als limitierte Sammleredition, nun folgt die Standardausgabe für ein breiteres Publikum. Damit eröffnet sich eine zweite Lesart: NFTs sind kein abgeschlossener Hype, sondern Teil einer fortlaufenden Entwicklung – leiser, reflektierter, aber weiterhin von Neugierde getragen. Die NFT-Kunst hat sich von der Spekulation gelöst und ist zu einem Untersuchungsraum geworden, in dem Fragen nach Autorschaft, Besitz und Sichtbarkeit neu gestellt werden. „On NFTs” feiert nicht, sondern beobachtet – und gerade in dieser Haltung liegt seine Gegenwärtigkeit: ruhig, präzise und unerwartet aktuell.
Lesetipp
Robert Alice (Hg.), On NFTs. TASCHEN, 2025, 656 Seiten, 40 EUR.








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