Zwischen Körper und Auflösung
Francis Giacobetti begegnete Francis Bacon nicht als Fotograf eines Malers, sondern als Zeuge des Verfalls. Die 1991, kurz vor Bacons Tod entstandenen Aufnahmen zeigen keinen Künstler bei der Arbeit, sondern einen Körper im Übergang: durchscheinend, zerfallen, fast verschwunden. Giacobetti belichtet nicht, er entblößt. Bacons Gesicht verschwimmt, fragmentiert unter Neonröhren, von der Bewegung zersetzt. Das Buch bei Assouline ist kein Rückblick, sondern ein intensives Dokument der Gegenwart. Die Bildsprache ist ungeschönt, das Licht dient nicht als Stilmittel, sondern als Schnittstelle, um Bacons Entzug zu verdeutlichen. Jedes Bild ist ein Versuch, ihn zu erfassen.
Die Gespräche zwischen Giacobetti und Bacon begleiten das Buch wie Fragmente. Es sind keine Erklärungen, sondern Sätze über den Tod, die Kindheit, die Angst und das Malen ohne Modell. Sie zeigen einen Mann, der nicht erklären, sondern Zeugnis ablegen will. Das Buch ist kein Porträt, sondern ein stilles Duell zwischen Sichtbarkeit und Verschwinden. Es bleibt ein Dokument, das nicht nachzeichnet, sondern begleitet. Ein Buch über das Ende, das kein Ende zeigen will, sondern ein langsames Verblassen. Es bleibt das Gefühl, dass da noch jemand war, der gesehen hat, bevor alles hell wurde – ein letzter Blick auf das, was war.
Literaturtipp
Francis Bacon by Francis Giacobetti (208 Seiten, € 195), erschienen bei Assouline.
Compliance
Das Buch wurde freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Die Darstellung und Bewertung von HYPERMADE bleibt davon unabhängig und basiert ausschließlich auf dem Inhalt des Buches.