CULTURE MAGAZINE

BÜCHER
Den Menschen vor Augen

Orginaltitel
D
Book cover „Den Menschen vor Augen“
Giulio Pippi gen. Giulio Romano (Rome 1499 – 1546 Mantua), Venus Anadyomene, c. 1515, red chalk, 243 × 147 mm
Federigo Barocci (Urbino c. 1535 – 1612 Urbino), Studies for the painting ‘Christ and Magdalene – “Noli me tangere”’ 1589/90, black chalk, heightened with white, traces of red chalk, on blue-grey paper, the contours of the central figure traced, 418 × 277 mm
Donato Bramante, Donato Bramante (Fermignano 1444 – 1514 Rome), Seated male nude figure, c. 1490, pen and dark brown ink, dark brown wash, heightened with white, over traces of black pencil, on brownish prepared paper; later edged in dark brown pen, 335 × 242 mm
Andrea Mantegna (Isola di Carturo 1431 – 1506 Mantua), Dancing Muse 1496/97, pen and brown ink, brown wash, heightened with white, over spolvero dots, on cut and glued brownish paper with later additions to the rectangle, 527 × 261 mm
Domenico Ghirlandaio (Florence 1448 – 1494 Florence, attributed to him), Two standing men in conversation, 1480s, silverpoint, brush in white, on salmon red prepared paper, 211 × 181 mm
Jacopo Pontormo (Empoli 1494 – 1557 Florence), Two standing women, c. 1520, red chalk in lighter and darker colours, wiped, mounted on paper and with pen and ink in gold, framed, 391 × 261 mm
Fra Bartolommeo (Savignano near Prato 1472 – 1517 Florence), Portrait of a bearded monk, c. 1515, black chalk, heightened with white brush, 397 × 274 mm
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Die Zeichnung als Fenster zur Renaissance

Die Renaissance markiert einen Wendepunkt in der Wahrnehmung des Menschen. Während der Körper im Mittelalter oft stilisiert und entmaterialisiert wurde, setzte die italienische Zeichenkunst zwischen 1450 und 1750 neue Maßstäbe. Sie diente nicht nur der Vorbereitung großformatiger Werke, sondern entwickelte sich zu einer eigenständigen Ausdrucksform. Künstler wie Michelangelo und Perugino experimentierten mit Anatomie, Bewegung und Licht, um dem Menschen so nahe wie möglich zu kommen. Das Buch „Den Menschen vor Augen“ zeigt, wie diese Zeichnungen das Menschenbild revolutionierten und welche Vielfalt an künstlerischen Strategien dabei zum Einsatz kam.

Giulio Pippi gen. Giulio Romano (Rom 1499 – 1546 Mantua), Venus Anadyomene, um 1515, Rötel, 243 × 147 mm
© Staatliche Graphische Sammlung München, Inv.-Nr. 2459 Z
Giulio Pippi gen. Giulio Romano (Rom 1499 – 1546 Mantua), Venus Anadyomene, um 1515, Rötel, 243 × 147 mm
© Staatliche Graphische Sammlung München, Inv.-Nr. 2459 Z

Facetten menschlicher Darstellung

Die Publikation gliedert sich in vier Themenbereiche: „Unbefangen und verwundbar“ widmet sich den frühen anatomischen Studien, in denen Künstler wie Benozzo Gozzoli und Donato Bramante den menschlichen Körper analysierten. „Gewandet und kostümiert“ zeigt die Bedeutung von Kleidung als soziales Erkennungszeiche und Inszenierungselement. „Neben-, mit- und gegeneinander“ beleuchtet das Zusammenspiel von Figuren in Gruppenkompositionen, während „Privat und offiziell, ideal und grotesk“ die Bandbreite zwischen realistischem Porträt und überzeichneter Karikatur abdeckt. Die Werke dieser Epochen dokumentieren eine künstlerische Auseinandersetzung mit Individualität, gesellschaftlicher Zugehörigkeit und dem Spannungsverhältnis zwischen Ideal und Realität.

Domenico Ghirlandaio (Florenz 1448 – 1494 Florenz, zugeschrieben), Zwei stehende Männer im Gespräch, 1480er Jahre, Silberstift, Pinsel in Weiß, auf lachsrot präpariertem Papier, 211 × 181 mm
© Staatliche Graphische Sammlung München, Inv.-Nr. 2150 Z
Domenico Ghirlandaio (Florenz 1448 – 1494 Florenz, zugeschrieben), Zwei stehende Männer im Gespräch, 1480er Jahre, Silberstift, Pinsel in Weiß, auf lachsrot präpariertem Papier, 211 × 181 mm
© Staatliche Graphische Sammlung München, Inv.-Nr. 2150 Z

Technische Beherrschung und Materialwahl

Das Medium der Zeichnung bot den Künstlern eine besondere Freiheit. Während Malerei und Skulptur oft repräsentativen oder dekorativen Zwecken dienten, erlaubte die Zeichnung ein unmittelbares Experimentieren mit Linien, Schattierungen und Texturen. Die verwendeten Materialien – von Silberstift über Feder und Kreide bis hin zu Rötel – prägten die Ausdrucksqualität entscheidend. Zeichnungen konnten sowohl flüchtige Skizzen als auch detaillierte Studien sein, die mit subtilen Licht- und Schattenverläufen spielten. Der italienische Begriff des „Disegno“ – das Zeichnen nicht nur als Technik, sondern als geistige Grundlage aller bildenden Künste – prägte diese Epoche und legte den Grundstein für das moderne Verständnis von künstlerischer Entwurfsarbeit.

Fra Bartolommeo (Savignano bei Prato 1472 – 1517 Florenz), Porträt eines bärtigen Mönchs, um 1515, schwarze Kreide, mit weißem Pinsel gehöht, 397 × 274 mm
© Staatliche Graphische Sammlung München, Inv.-Nr. 2157 Z
Fra Bartolommeo (Savignano bei Prato 1472 – 1517 Florenz), Porträt eines bärtigen Mönchs, um 1515, schwarze Kreide, mit weißem Pinsel gehöht, 397 × 274 mm
© Staatliche Graphische Sammlung München, Inv.-Nr. 2157 Z

Die Relevanz für die Gegenwart

Das Buch bietet nicht nur einen historischen Rückblick, sondern reflektiert auch die Rolle der Zeichnung in der zeitgenössischen Kunst. In einer digitalisierten Welt, in der visuelle Reize oft flüchtig bleiben, wirkt die Konzentration auf die handgezeichnete Linie geradezu entschleunigend. Es zeigt, dass die Faszination für den menschlichen Körper, für Mimik, Gestik und Ausdruck zeitlos ist. Die Arbeiten machen deutlich, dass die Suche nach Wahrhaftigkeit und Ausdruckskraft in der Kunst nie endet. „Den Menschen vor Augen“ lenkt den Blick auf die Tradition, lässt aber zugleich erahnen, wie stark die Renaissance die visuelle Kultur bis heute beeinflusst und welche Impulse sie für das künstlerische Schaffen der Zukunft bereithält.

Daten

OrginaltitelDen Menschen vor Augen
HerausgeberKurt Zeitler
VerlagDeutscher Kunstverlag
EinbandHardcover
Seiten304
SpracheDeutsch
Abmessungen24.5 x 30 cm
ISBN3422802487
Preis62 €

Weitere Informationen

Weitere Informationen zum Buch Den Menschen vor Augen (Werbung) finden Sie auf der Website des Deutschen Kunstverlags.

Compliance

Das Buch wurde freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Die Darstellung und Bewertung von HYPERMADE bleibt davon unabhängig und basiert ausschließlich auf dem Inhalt des Buches.

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