Widerstand durch Umkehrung
Georg Baselitz hat das Bild auf den Kopf gestellt – im wörtlichen wie im übertragenen Sinne. Seit den 1960er Jahren malt er Köpfe, Figuren und Symbole auf den Kopf, um die Ordnung der Darstellung zu sprengen. Seine Bilder verweigern sich der Lesbarkeit, sie brechen Perspektive, Harmonie und Narration. Was als Provokation beginnt, wird zur künstlerischen Haltung: das Fragment, das Unfertige, das Rohe. Baselitz setzt Farbe ein, um zu stören, nicht um zu gefallen. In seinen „Remixes“ zitiert und dekonstruiert er sich selbst. Was bleibt, ist ein Dialog mit der eigenen Vergangenheit – und ein bewusster Bruch mit ästhetischen Erwartungen.
Seine Skulpturen – grob behauen, dann in Bronze gegossen – widersprechen Material und Form. Baselitz denkt nicht in Schulen, sondern in Störungen. Ironie durchzieht sein Werk wie ein Riss: gegen Ideologie, gegen das System Kunst, gegen jede Vereinnahmung. Ob Orangenesser oder verzerrte Heldenmotive – alles steht gleichberechtigt nebeneinander. Die Rückgriffe auf die deutsche Geschichte sind keine Zitate, sondern gewollte Störungen. Seine Kunst fragt nicht nach Bedeutung, sondern tastet – wie ein Seismograph – nach dem Unausgesprochenen. Vielleicht ist gerade das ihre größte Stärke: Sie bleibt unabschließbar, sperrig, autonom – und darin radikal gegenwärtig.
Lesetipp
Georg Baselitz (160 Seiten, € 38) erschienen im Taschen Verlag.
Compliance
Das Buch wurde freundlicherweise vom Verlag zur Verfügung gestellt. Die Darstellung und Bewertung von HYPERMADE bleibt davon unabhängig und basiert ausschließlich auf dem Inhalt des Buches.